In einer Zeit, in der wir uns körperlich nicht zu nahekommen sollten, ist emotionale Nähe und eine tragfähige Beziehung in der Therapie besonders bedeutsam. Doch wie schaffen wir diese unter den aktuellen Umständen?

Die aktuelle Situation ist auch für Therapeut*innen und Berater*innen verunsichernd. Darf ich noch vor Ort arbeiten? Und wenn ja, wie? Darf oder muss ich sogar Online-Therapien oder -Beratungen anbieten? Und wenn ja, wie? Und wie wirksam ist eine Online-Therapie
oder -Beratung im Vergleich zu einem therapeutischen Gespräch vor Ort?

Laut den aktuellen Bestimmungen dürfen Therapien und Beratungen nach wie vor vor Ort angeboten werden. Die Rahmenbedingungen dafür sind unten zusammengefasst.

Eine mittlerweile oft genutzte Alternative oder Ergänzung zur analogen Therapie ist die Online-Therapie. Viele Therapeut*innen und Berater*innen stehen dieser kritisch gegenüber. Können wir über einen Bildschirm Nähe aufbauen? Kann ich mit jemandem therapeutisch arbeiten, wenn ich mich in einem anderen Raum befinde als die Person? Kann sich jemand mir gegenüber öffnen auf Distanz?

„Social Distancing oder Emotional Closeness? – Die therapeutische Beziehung in digitaler Psychotherapie“ – ein Übersichtsartikel der Zeitschrift „Familiendynamik“, in dem die Vor- und Nachteile von digitaler Psychotherapie beleuchtet werden.

Die Forschungslage – vor allem auch in Bezug auf Familientherapie – ist noch nicht ausreichend. Dennoch werden in diesem Artikel interessante Aspekte der Online-Therapie aufgezeigt: Einige Klient*innen seinen in videobasierten Therapien aktiver als in analogen Therapien. Möglicherweise falle es ihnen leichter, offen über Persönliches und über Probleme zu sprechen, wenn die Distanz grösser sei. Auch wird der Aspekt erwähnt, dass Therapeut*innen durch Videobasierte Therapie einen Einblick in die häusliche Umgebung der Klient*innen erhalten.

Im Artikel werden konkrete Handlungsempfehlungen gegeben bezüglich videobasierter Therapiesitzungen: Wichtig sei bei videobasierten Interventionen in erster Linie, dass sich die Klient*innen dafür bereit erklären und sich mit dem Medium wohl fühlen. Es empfiehlt sich, die erste Sitzung live zu machen um eine erste physische Verbindung herzustellen. Weiter ist es wichtig, dass sich Klient*in wie auch Therapeut*in vorgängig technisch gut vorbereiten, damit es während der Sitzung nicht zu technischen Problemen und Missverständnissen kommt. Auch wird für das Therapiegespräch empfohlen, auf eine klare Aussprache und gegebenenfalls auf eine betonte nonverbale Kommunikation zu achten. Und letztlich empfehle es sich, mit den Klient*innen die Zufriedenheit mit dieser Kommunikationsart immer wieder zu evaluieren.

Verschiedene vorgestellte Studien zeigen, dass die räumliche Distanz nicht automatisch mit einer emotionalen Distanz gleichzustellen sei und dass Online-Therapien durchaus ähnlich effektiv sein können wie analoge. Gleichwohl sei es selbstverständlich wichtig, individuelle Faktoren zu beachten, wie etwa die Präferenz der Therapeut*innen wie auch der Klient*innen.

Den ganzen Artikel der Familiendynamik finden Sie unter diesem Link

Gerne möchten wir mehr über Ihre Erfahrungen im Umgang mit Therapie und Beratung zu Zeiten des Social Distancing wissen. Wie gehen Sie mit der Unsicherheit um? Bieten Sie Termine online an? Und wenn ja, welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Wir bitten Sie, Ihre eigenen Erfahrungen und Gedanken per Mail an die Geschäftsstelle zu senden. Wir werden die Antworten dann in einem Blogbeitrag aufbereiten.

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Hier noch ein paar Hinweise bezüglich der aktuellen Massnahmen:

Therapien vor Ort

  • Es ist weiterhin zwingend die Hygienevorschriften und einen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten, Oberflächen müssen regelmässig desinfiziert und Räume gelüftet werden.
  • Im Wartebereich gilt Maskenpflicht.
  • Im Therapieraum kann im Sitzen und bei einem Mindestabstand von 1,5 Metern auf das Tragen der Maske verzichtet werden.

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Online-Therapien

  • Für Sitzungen per Video sollten Programme zum Einsatz kommen, die den Mindeststandards bezüglich Datenschutz entsprechen. Ein empfohlenes Tool ist HIN Talk Video, das den Datenschutzbestimmungen entspricht.
  • Über die Grundversicherung können für fernmündliche Therapien maximal 240 Minuten pro 6 Monate abgerechnet werden. Die Zusatzversicherungen verfügen hier über keine gesetzlichen Grundlagen, somit bestimmt jede Krankenkasse selbst, ob und in welchem Umfang Online-Therapien abgerechnet werden können.

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Wichtige Links

Anna Beer