Zum Internationalen Tag der Familie am 15. Mai: Ein Film über Familien

Jahrelang funktionieren klassische Familien in ihren Mustern, gewohnten Abläufen und Routinen: Der Arbeitsalltag, Job von Vater und Mutter, Kinder versorgen, Freizeit, Ferien. Irgendwann werden die Kinder flügge, aus Eltern werden wieder einfach Paare und schliesslich steht der „dritte“ Lebensabschnitt, die Pensionierung, vor der Tür.

Sie verändert das Familiensystem, die Beziehung der Partner:innen nochmals grundlegend, der Alltag wird anders, alltäglich oder wie der Berner Regisseur Steven Vit seinen Dokumentarfilm nennt, es wird „Für immer Sonntag“.

Vits Vater Rudy steht zu Beginn des Films kurz vor der Pensionierung, sein inzwischen erwachsener Sohn nimmt dies zum Anlass, mit ihm auf eine seiner letzten Geschäftsreisen zu gehen. Mit der Kamera begleitet er seinen Vater in die weite Welt um zu erfahren, was sein Dad auf den unzähligen Geschäftsreisen wirklich zu erledigen hatte, wie sein Arbeitsalltag ausgesehen hat. Aus seiner Kindheit erinnert sich der Sohn vorab an die leere Tasse Kaffee, die der Vater jeweils hinterlassen hatte, bevor er das Haus verliess.

Die gemeinsame Reise nimmt der Sohn und Regisseur zudem zum Anlass, sich nach Rudys Plänen für dessen bevorstehendes Leben nach der Pensionierung zu erkundigen, nach seinen Wünschen, Vorstellungen – und Ängsten.

Aus den Möglichkeiten und möglichen Träumen wird im Verlauf des Films schliesslich die Realität im Rentnerleben, im Einfamilienhaus in ländlicher Idylle, bei der Gartenarbeit, beim Kochen, beim Ausschlafen. Und so finden sich Rudy und seine Frau Käthi etwa vor der Geschirrspülmaschine wieder, er kritisiert ihr System beim Einräumen des Küchengeräts, die kleinen Pfützchen die sich nach der Reinigung auf den Tassen bilden – weil sie diese falsch platziert. Subtil beobachtet vom Sohn, ist diese Szene in ihrer Absurdität sinnbildlich für die Schwierigkeiten, die Menschen, Paare, in diesem neuen Lebensabschnitt erwarten: Wie Rudy seiner Frau, die jahrelang die Maschine eingeräumt hatte, erklärt, wie man es wirklich macht, offenbart die emotionale Komplexität des neuen Lebensabschnitts vorzüglich.

„Wir fahren los in einen anderen Hafen, aber jeder hat ein Schiff“: So beschreibt Rudy Vit das neue Leben mit seiner Frau und spricht von einem „Shift“, von einer anderen Ebene, auf der sie nun seien.

Beide werden im neuen, intensiveren Zusammenleben immer wieder auf sich und ihre Bedürfnisse zurückgeworfen, bisweilen provoziert von den Fragen ihres Sohnes und Regisseurs. Auch der nimmt im Familiengefüge, vor und hinter der Kamera, eine neue Rolle ein, die des bisweilen strengen, aber oft auch liebevollen Beobachters, der nicht urteilt, sondern zeigt, dass das Leben in der neuen Freiheit nicht einfach frei ist. Und dass die Schwierigkeiten zu tiefst menschlich sind – nicht nur im Fall seiner Eltern. Oder wie es Steven Vit selber beschreibt: „Meine Eltern haben mir erzählt, dass andere Leute oft behaupten, ihr Leben in der Pension sei tipptopp, man aber spüre, dass es nicht stimmt. Ich fände es gut, wenn man offen darüber sprechen würde, sich weniger versteckt.“

Der Film ist dafür mit Sicherheit ein guter Startpunkt – für alle Familien.

„Für immer Sonntag“ von Steven Vit ab 19. Mai in den Kinos