Vergangene Woche hat Sistemica (der schweizerische Verband der systemischen Therapeut:innen und Berater:innen) in Zusammenarbeit mit Systemis, den französischsprachigen Systemiker:innen und den Vertretern aus dem Tessin (STIRPS) – einen Brief an die Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) verschickt. Der Brief beinhaltet den Appell, in den laufenden Tarifverhandlungen betreffend des Psytarifs, die Position zu vertreten, dass Co-Therapie, sowie die Arbeit mit Personen aus dem Familiensystem, in Abwesenheit des «Indexpatienten» in die Tarifstruktur aufgenommen werden solle. In der aktuell geltenden Tarifstruktur, die seit letztem Sommer als «Übergangstarif» in Kraft ist, sind diese Positionen nicht abrechenbar[1], was auch die systemische Therapie und den systemischen Ansatz als solchen schwächt.

CO-Therapie

In komplexen Paar- und/oder Familiensituationen ist Co-Therapie eine wichtige und effiziente Methode, welche in der Systemischen Therapie von zentraler Bedeutung ist. Weder Leistungen in Anwesenheit zweier psychologischer Psychotherapeut:innen noch die Arbeit mit einem Einwegspiegel kann heute verrechnet werden. Die Unmöglichkeit Co-Therapie zu verrechnen widerspricht der Systemischen Therapie im Alltag und legt auch der Ausbildung zur/zum Systemiker:in Steine in den Weg.

Arbeit mit dem Familiensystem in Abwesenheit des Kindes/Jugendlichen

In der aktuell geltenden Tarifstruktur kann die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nur in deren Anwesenheit verrechnet werden. Ist ein Rundtischgespräch in der Schule nötig oder ein Elterngespräch mit hochstrittigen Eltern, kann dies nicht verrechnet werden, wenn das Kind/der/die Jugendliche nicht im Raum ist. Auch Wegspesen für solche Gespräche können nicht verrechnet werden. Diese Tatsache stellt aus unserer Sicht eine Abwertung der Systemarbeit dar. In der Praxis heisst das, dass unserer Arbeit nicht adäquat Rechnung getragen oder diese auf eine «Koordinationsleistung» (max. 240 Min. pro 90 Tage) reduziert wird. Unser Mitglied, Silvia Balsama, hat uns in ihrem Blogbeitrag vom 4. April einen guten Einblick in dieses Thema gegeben.

Der Brief an die FSP (siehe PDF) wurde in Rücksprache mit verschiedenen Praktiker:innen und auch mit der FSP verfasst und erhielt erfreulicherweise viel Unterstützung und Zuspruch, auch vom SBAP (Schweizerischer Berufsverband für Angewandte Psychologie), vom SKJP (Schweizerische Vereinigung für Kinder- und Jugendpsychologie), von Weiterbildungsinstituten der ganzen Schweiz, verschiedenen Kantonalverbänden und von mehreren psychiatrischen Einrichtungen. Wir sind gespannt, was der Brief auf berufspolitischer Ebene bewirken wird. Was uns durch diese Arbeit bereits gelungen ist, ist eine Stärkung der Systemischen Gemeinschaft in der ganzen Schweiz, über die Sprachgrenzen hinaus. Das Finden eines Dialoges über Themen, welche die Systemische Therapie und Beratung ausmachen und das Platzieren unserer Anliegen in der Therapielandschaft bekommt Aufwind! Somit hoffen wir, dass wir – unabhängig davon, ob der Brief den gewünschten Effekt hat – einen Beitrag dazu geleistet haben, den systemischen Ansatz zum Thema zu machen und somit zu stärken.

Anna Beer, Co-Präsidentin
[1] im Gegensatz zu den Tarmed Tarifen betreffend ärztlichen Leistungen

Brief an die FSP (deutsch)
Brief an die FSP (französisch)