Elternschaft ist in der heutigen Zeit eine grosse Herausforderung. Viele verschiedene Lebensbereiche gilt es unter einen Hut zu kriegen und oft erleben sich die Eltern im Defizit, weil es ihnen nicht ganz so gelingt, wie sie es sich vorgestellt hatten: Arbeit, Haushalt, Freizeit, Hobbies, Kinder etc. etc.

In den Beratungsstunden wird deshalb sehr oft das Thema „Selbstfürsorge“ aufgenommen – denn gerade in turbulenten Zeiten gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Dies gelingt uns jedoch nur, wenn wir auch genug achtsam mit uns, mit unseren Bedürfnissen umgehen.

Wiederholt darf ich auch die Eltern aufklären, dass wenn ein Kind nicht „kooperiert“, es dies nicht absichtlich macht. Ein Kind kann das eigene Unwohlsein nur über „Fehlverhalten“ aufzeigen, da es noch nicht über den analytischen Teil des Gehirnes verfügt, welcher es ihm ermöglicht, eine systematische Abhandlung über sich selbst zu machen und dies auch adäquat mitzuteilen. Die Eltern sind in den meisten Fällen sehr erleichtert zu erfahren, dass auf Seiten des Kindes „keine böse Absicht“ hinter dem Fehlverhalten liegt. Oft werden mit diesem Wissen Konflikte bereits anders angegangen, da man ja aus dem Kind, im Moment der Unkooperation, keinen „Feind“ mehr macht, sondern das Kind in seiner Not erkennt und ihm somit Ausstiegshilfen anbieten kann.

Um in Turbulenzen aus einer ruhigen Verfassung heraus dem Kind die nötige Unterstützung bieten zu können, benötigt es erholte Eltern. Oft meinen wir, dass wir zwei Stunden pro Tag etwas für uns tun müssen können, damit wir uns gerecht werden. Und weil wir solch hohe Erwartungen haben, scheitern wir. Der Trick dabei ist, ganz nach dem Motto „in der Kürze liegt die Würze“ im Alltag sich selber Zeitfenster einzurichten, in denen wir uns etwas Gutes tun. Dies kann eine Kurzmediation sein, an die frische Luft gehen und bewusst ein- und ausatmen, ein tolles Musikstück hören, das einem wieder Kraft gibt etc. Der Kreativität soll auch hier keine Grenzen gesetzt werden. Der schöne Satz meiner Mutter, die auch Psychotherapeutin war, gilt heute noch mehr denn je: „Kinder brauchen keine Ferien, Kinder brauchen erholte Eltern“.

Ebenfalls wichtig im beraterischen Setting ist die Aufklärung über die Hirnentwicklung. Da das kindliche Gehirn noch in vollem Aufbau ist und es, vor allem im Alter zwischen null- bis siebenjährig, die häuslichen „Programme“ unkritisch herunterlädt und diese es dann unbewusst das Leben lang begleiten (Konzept des Lebensstils von A. Adler), gilt es genau zu eruieren, welche wichtigen Lebenslektionen das Kind von den Eltern lernen muss. Dabei gilt es zu beachten, dass das irdische Wohlergehen des Erwachsenen um das Kind herum nicht in Abhängikeit gebracht werden darf von der Kooperationsbereitschaft des Kindes. Im Klartext heisst das: „Egal, wie sich mein Kind gerade benimmt, mir geht es weiterhin gut.“ Sollte das kindliche Gehirn erleben, dass ein Elternteil beispielsweise wütend oder traurig wird, so übergeben wir die Verantwortung des Wohlergehens des Erwachsenen dem Kind, was eine deutliche Überforderung für das Kind darstellt. Dies wiederum drückt in den meisten Fällen auf das Selbstvertrauen des Kindes, was für die eigene weitere Entwicklung des Kindes hinderlich sein kann.

In den Eltercoachings gilt es, diese Zusammenhänge, diese Dynamiken aufzuzeigen, Fachwissen zu vermitteln und anschliessend neue Spielräume für die Eltern zu eröffnen, in denen sie sich selber erproben können. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass es in dem Sinne kein „falsch“ und „richtig“ gibt bei der Suche nach neuen Möglichkeiten, sondern lediglich ein „machbar“ oder „nicht machbar“. Die jeweiligen systemischen Grenzen gilt es anzuerkennen und innerhalb dieser, neue Optionen gemeinsam zu erarbeiten.

Unterstützend für meine Arbeit habe ich ein Arbeitsbuch geschrieben, in dem den Eltern die wichtigsten Aspekte der Entwicklung, Erziehung und auch der Selbstfürsorge beleuchtet werden. Das Buch hat zum Ziel, die eigenen, unbewussten Anteile der Eltern durch konkrete Fragen ins Bewusstsein zu holen, damit diese anschliessend gegebenenfalls korrigiert werden können.

Mir macht die Arbeit mit Eltern grosse Freude – da Kinder sehr dankbare Wesen sind, reagieren sie oft schnell auf Veränderungen Seitens der Eltern – was die Eltern wiederum ermutigt, neue Wege zu gehen.

Eine Rezension des Buches “Gelassen erziehen – in 16 Schritten zu einer entspannten Elternrolle” (Carl Auer Verlag, 2021) finden sie unter diesem Link.

Zu meiner Person: Csilla Kenessey Landös, 49-jährig, verheiratet, Fachpsychologin für Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychologie und Neuropsychologie, PSYCH-K® Begleiterin, Institut für integrative Psychologie und Pädagogik Schweiz GmbH, www.ifipp-schweiz.ch